Dienstag, 12. März 2013

Holterdiepolter

Was mir mittlerweile schon bei vielen anderen Themen der Hochzeitsorganisation als heimlicher Hintergedanke durch den Kopf gehuscht ist, ist nun offiziell: Ich bin vor lauter Tüll-Manie und Rüschen-Wahnsinnn schizophren geworden. Themen, über die ich vorher eine bestimmte Meinung hatte, sehe ich nämlich jetzt, wo ich selbst in der Situation bin, auf einmal ganz schön anders.

Nehmen wir zum Beispiel den Polterabend. Was fand ich die Idee noch lustig, als ich als mehr oder weniger motivierte Trauzeugin meiner besten Freundin dafür zuständig war! Da wurden in langen Stunden T-shirts bebügelt, Lagebesprechungen abgehalten und lustige Spiele gegoogelt. Ich nähte der Braut damals sogar einen eignen Polter-Brautschleier, was wiederum meine eigene Beziehung unter erheblichen Druck stellte. Man stelle sich einen Schatz vor, der nach 14 Jahren Beziehung bei jeder – und ich meine wirklich JEDER – Familienzusammenkunft oder sonstigen Veranstaltung mit lustigen „Na wann heiratets denn endlich?“-Anspielungen bombardiert wird und sich plötzlich auch noch zu Hause mit einer Freundin konfrontiert sieht, die im Minutentakt mit einer alten Gardine am Kopf vor ihm herumrennt und dabei zunehmend verzweifelter durchs Haus ruft: „Schaut’s jetzt aus wie ein Brautschleier?“ „Und jeeetzt?“ „Aber jetzt, oder?!“- kurz gesagt: Ein nervenaufreibendes Drama, das damit endete, dass Schatz mir wortlos den Schleier aus der Hand nahm und ihn selber am 1-Euro-Haarreifen annähte, damit endlich Ruhe war....

Aber zurück zum Thema: Damals war ich überzeugt, dass es für die Braut nichts Lustigeres als ihren eigenen Polterabend geben könnte. Der letzte Polterabend, auf dem ich als Gast dabei war, hatte zwar damit geendet, dass ein Solarium-gebräuntes Paradeexemplar einer Assozialen-Doku-Soap eines der Mädels bei einem besonders wilden Tanz Kopf voran gegen eine Glastür wirbelte, aber die Braut selbst hat in meiner Erinnerung an dem Abend trotzdem viel gelacht. Die ersten Zweifel kamen mir an dieser Überzeugung bereits, als „meine“ Braut gleich einige der ersten Spiele strikt verweigerte. Aus den zu sammelnden männlichen Unterhosen-Etiketten wurden so zum Beispiel ganz schnell lasche T-shirt-Etiketten. Auch über den Vorschlag einer zufällig in einem Lokal getroffenen männlichen Polterrunde, ihrem als Playboy-Bunny verkleideten Bräutigam doch den ohnehin erschreckend knappen Fizzers-String anzuknabbern, war die Braut „not amused“.

Jetzt, wo mein eigener Polterabend vor der Tür steht, kann ich diese Verweigerung um einiges besser verstehen. Was heißt „besser verstehen“ – ich kann mich gar nicht mehr erinnern, warum ich solche blöden Spiele jemals lustig gefunden habe! Schlaflos wälze ich mich bereits im Bett, verfolgt von paranoiden Vorstellungen, wie ich bei meinem eigenen Polterabend verhaftet werde, weil ich als sexy Sushi-Rolle verkleidet verzweifelt versuche, einem Festspielgast aus Russland ein Kondom mit Kiwi-Geschmack zu verkaufen. Ich will keinen fremden Männern einen Lippenstift-Kuss auf die Plauze geben! Ich will mich vor keinem Chippendale fremdschämen! Ich will keine Pimmel-Spiele!

Schizophrenerweise will ich aber sehr wohl einen lustigen Polterabend – am besten soooo furchtbar lustig, dass alle noch in 10 Jahren davon sprechen werden. Seit sich nämlich nach und nach herausgestellt hat, dass bei meinem Polterabend 60-80% der Anwesenden schwanger sind, grusle ich mich genauso vor dem Gegen-Szenario: Alle sitzen mit einem Glas Saft am Tisch, gucken verstohlen auf die Uhr, gähnen verhalten und sagen um 20.00 Uhr „Du, ich muss dann mal.... schönen Abend noch, gell!“. Auch doof.

Nachdem ich mich selbst dabei ertappte, wie ich einer meiner besten Freundinnen ernsthaft verbot, auch noch vor meinem Polterabend schwanger zu werden, wurde mir endlich klar, dass ich die Zügel aus der Hand geben musste.

Jetzt harre ich also einfach der Dinge: Ob ich nun um 20.15 Uhr schon wieder zu Hause bei „Wetten, dass...?“ auf der Couch sitze oder um 04.00 Uhr früh wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses im Polizeiauto abgeführt werde – es kommt, wie es kommt. Wer (j)A sagt, muss bekanntlich auch B(oltern – schon sehr angesäuselt ausgesprochen) sagen und da gehört der letzte Abend dazu, an dem man sich noch mal so richtig zum unverheirateten Affen macht – wenigstens kann man dieses Mal danach wirklich sagen „Oh Gott, ich brauch einen neuen Namen!“

1 Kommentar:

  1. Oh liebe SuSchi, glaub mir: Du bist nicht alleine mit dieser Schizophrenie (wobei der Polterabend für mich schon immer ein sehr rotes Tuch war). Das ist glaube ich mehr als normal.

    ...wobei ich die Sache mit der sexy Sus(c)hi-Rolle und dem Lippenstift auf die Plauze echt zum schreien finde :-)

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