Donnerstag, 31. Januar 2013

27 Dresses und noch mehr


Während andere Mädchen vermutlich ihr gesamtes Leben darauf hingefiebert haben, endlich ihr Brautkleid aussuchen zu dürfen, machte mir dieses Thema vor allen Dingen eines: Angst. Bei der Vorstellung von Puffärmeln, Tüll und Satinungeheuern wurde mir ganz anders zumute und in einem Brautwarengeschäft sah ich mich ungefähr genauso realistisch wie in einem Zubehör-Shop für Atomwaffen.

Dementsprechend mulmig war mir im Magen, als ich das erste Mal in eigener Sache einen Brautmodenladen betrat. Als Beraterin für Freundinnen war die Sache ja noch lustig gewesen: Wunderbar konnte man bei gratis Prosecco seine professionelle Meinung zu den wandelnden Tüllwolken kundtun, ohne dabei selber die Schmach eines „frech-sportlichen“ Modells über sich ergehen lassen zu müssen. Jetzt wurde es allerdings auch für mich ernst:

Phase 1: Kabinenparty mit Selbst-Fremdschämen

Flankiert von Mutter und Tante betrat ich also eines schönen Tages den örtlichen Brautmodenladen und ging nochmal fieberhaft im Kopf durch, ob ich heute Früh eh schöne Unterwäsche angezogen hatte.

Als meine äußert überschwängliche Beraterin mich sogleich in eine Kabine verfrachtete und mich in die ersten Kleider hievte, wurden meine schlimmsten Befürchtungen wahr. Vom Prinzessinnen-Gefühl war ich meilenweit entfernt, vielmehr fühlte ich mich wie in einer Zeitmaschine zurückversetzt ins zarte Alter von 12 Jahren, als ich mit Mama den ersten BH einkaufen war. Heute wie damals riss die Verkäuferin mit einem enthusiastischen „Uuund? Paaaasst’s?“ den Vorhang auf, während ich noch halb nackt in der Kabine stand und dem ganzen Geschäft meine nackten Brüste präsentierte, und verfiel dann sogleich in entzückte Gurrlaute, während ich mich in dem weißen Ungetüm zu Tode schämte. In diesem Kleid sah ich definitiv nicht aus wie eine zauberhafte Braut, sondern wie ein Eisbär in Staniolpapier.

Voller Gram den Blick vom Spiegel abwendend, erhaschte ich den selben Gesichtsausdruck bei der Braut in der Nebenkabine, die gerade in einer ebenso schreckvollen Kreation unter den begeistern Zurufen ihrer Familie eine Pirouette um die nächste drehte. Nicht einmal meine treuen Gefährten konnten genug gespielte Begeisterung aufbringen, um irgendeinen Zweifel an der Schrecklichkeit des Kleides aufkommen zu lassen. Als selbst meine generell Pro-Tochter-eingestellte Mama kurz den Altersheim-Folder zur Seite legte und mit einem bemühten „Joooo… eh liab!“ versuchte, mich vor der sofortigen Flucht zu bewahren, war eines sehr schnell klar: ich musste hier raus.

Obwohl sich dieser Wunsch eher auf das gesamte Geschäft als nur auf das Kleid bezog, blieb ich dann doch noch ein wenig und ließ mich in viele andere weiße Monstrositäten verfrachten. Am Ende war ich bei einem davon sogar der Meinung, dass es mir gefallen würde – ganz sicher kann ich das aber rückblickend nicht mehr sagen. Vielleicht wusste mein Unterbewusstsein nur, dass es endlich hier raus durfte, wenn es sich für ein Kleid entschieden hatte.

Klar, eigentlich hatte ich mir den Moment auch anders vorgestellt, weniger „Ja, passt schon irgendwie“ und mehr „Ooooh, dieses und kein anderes!“, aber in manchen Situationen siegt eben der Pragmatismus. Bis ungefähr zum Parkplatz war ich mit dieser Entscheidung auch zufrieden. Doch spätestens als ich den Schlüssel ins Zündschloss steckte, begann es an mir zu nagen: Sollte das nicht eigentlich anders laufen? Und war da nicht noch dieses eine Geschäft, in dem.....? Ok, ich gebe mich geschlagen - Phase 2 der "Mission Brautkleid" musste schnellstens eingeleitet werden!

Phase 2: Überlandfahrt ins Braudorado


Neuer Tag, neues Glück, neues Geschäft. Mit einem Auto voller Mädels und einer Schachtel Kekse starte ich diesmal zum Überlandausflug und wage mich ins Braut-Eldorado Österreichs. Sobald ich den Laden betrete, bin ich erst mal froh, dass ich das Ganze als amüsierte Trauzeugin schon einmal passiv miterlebt habe. Sonst hätte mich wahrscheinlich spätestens zu dem Zeitpunkt der Schlag getroffen, als ich in fescher Michael Jackson-Manier in weiße Handschuhe schlüpfen muss, um mit meinen Drecksgriffeln keine Fettflecken auf all die schönen Kleider zu machen.

Nun gut, Handschuhe an, Kabine bezogen, Prosecco eingeschenkt – es kann losgehen! Meine Verkäuferin führt mich bewaffnet mit einer Hand voll bunter Ringe die erste Runde durchs Geschäft und markiert wahllos irgendwelche Kleider, die ich eigentlich gar nicht sooo schön finde – „nur zum Probieren!“.

Gott sei Dank ignoriert sie die Markierungen danach aber konsequent und bringt scheinbar einfach das, was ihr in die Finger kommt. Zwischendurch verschwindet sie immer wieder fluchtartig von der Bildfläche, währen ich in einem weißen Tüllhaufen gewandet nach ihr suche – oder wahlweise einfach meinen Prosecco weiterschlürfe. Aber zurück zur Anprobe! Kleid 1 sieht am Kleiderhaken wirklich bezaubernd aus – an mir dann allerdings eher desillusionierend. Der Reifrock sprengt beinahe die Kabine und ich fühle mich darin wie ein aufgeblasener Marshmallow. Als ich die Kabine verlasse, um auf das schwindelerregende Präsentationsstockerl zu klettern, kreischen Mädels und Verkäuferin zwar unisono in Verzückung, mich beschleicht allerdings der Verdacht, dass zumindest die Hälfte der Euphorie Alkohol-induziert ist. Als ich mich mit dem Kleid im Spiegel betrachte, sehe ich aus wie ein Kleinkind, das schmollt, weil es zum Verwandtenbesuch ein Puffärmel-Kleid anziehen muss.

Schneller als es der Verkäuferin lieb ist, bin ich also wieder aus dem Kleid draußen und stürze mich ins nächste. Und ins nächste. Und ins nächste. Und – sei es der Prosecco oder die verlässlichen Applausrunden der treuen Freundinnen – mit jedem Kleid freunde ich mich mehr mit dem Gedanken der weißen Pracht an. Und als ich bei einem der Kleider im Spiegel plötzlich ein verstohlenes Grinsen auf meinem Gesicht erblicke, ist die Entscheidung gefallen: mein Kleid hat mich gefunden! Ich denke an Sissi, ich denke an rauschende Ballnächte, ich denke daran, dass ich jetzt bis zur Hochzeit nicht mehr zunehmen darf… - und das Kleid ist gekauft!

Die Mädel zwingen mich noch gefühlte 100 Mal, in dem Kleid den „Laufsteg“ entlang zu trippeln und schreien dabei jedes Mal verzückt – es geht einfach nichts über eine treue Fangemeinde!

Als ich bei der Kasse meine Bankomatkarte ins Terminal stecke, verlässt das Lächeln zwar kurzzeitig mein Gesicht wieder, sobald ich aus dem Geschäft bin, kommt es allerdings schnell wieder zurück. Ich habe ein Kleid! Ich muss nicht in Mamas alten Store gewickelt zum Altar schreiten! Ich bin eine Braut!

2 Kommentare:

  1. hey SuSchi, ich hab grad deinen blog entdeckt und ein bisschen gelesen! gefällt mir sehr gut :) ich heirate auch im April, 7 tage nach dir :-)
    Freue mich, weiterhin zu lesen, was du so schreibst!
    LG Elli

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    1. hi elli! freut mich, dass dir der blog gefällt - als april-braut bist du ja wahrscheinlich gerade an einem sehr ähnlichen vorbereitungs-punkt wie ich! ;-) wünsch dir für die restliche zeit noch alles gute und viel spaß!!!

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